ZfG Themenheft

Heft 9 / September 2020

Das Themenheft der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (ZfG), das im September 2020 erscheint, im 81. Jahr nach dem deutschen Überfall auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begann, wirbt für die Idee des Dokumentationszentrums, ohne gegen Denkmal-Initiativen Stimmung zu machen. Das geschieht mit fünf Beiträgen, die der Ereignisgeschichte und dem Erinnern an die Leiden der Zivilbevölkerung gewidmet sind. Die Leiden polnischer Bürger, die unter deutscher Besatzung misshandelt und ermordet wurden, und die Positionen der polnischen Erinnerungskultur beschreibt Stephan Lehnstaedt. Der Katastrophe in Griechenland, das Schauplatz vieler deutscher Kriegsverbrechen war und nach Hungersnot und Ausplünderung als Folge des Krieges in einen Bürgerkrieg gestürzt wurde, ist ein weiterer Beitrag gewidmet (Wolfgang Benz). In der Ukraine, damals Teil der Sowjetunion, begrüßten viele die Deutschen als Befreier vom Joch des Stalinismus, sie lernten rasch, dass die Besatzer nur eigene Ziele verfolgten und mit drakonischen Mitteln durchsetzten. Besatzungspolitik und als deren Teil die Exzesse des Holocaust in der Ukraine beschreiben Svetlana Burmistr und Uwe Neumärker. Die Methoden deutscher Herrschaft im Westen zeigt Beate Welter am Beispiel Luxemburgs, wo die Ideologie des Nationalsozialismus mit Zwangsrekrutierung zur Wehrmacht und KZ-Haft gegen die Bevölkerung durchgesetzt wurde. Die Studie von Tatjana Tönsmeyer verweist auf Gemeinsamkeiten der Ausbeutung, des Hungers, von Bewältigungsstrategen im Blick auf die europäische Erfahrung unter deutscher Besatzung.

Im Kontext zur exemplarischen Darstellung von Aspekten deutscher Besatzungspolitik stehen die Überlegungen der Autorinnen und Autoren aus dem Bereich der Geschichtswissenschaft, der Erinnerungskultur und der Gedenkstätten. Sie diskutieren die Möglichkeiten, der Folgen und Wirkungen nationalsozialistischer Herrschaft in den besetzten und unterworfenen Territorien Europas in einer zeitgemäßen europäischen Erinnerungskultur gerecht zu werden: Anzustreben sind angemessene und wirksame Formen des Gedenkens, die emotionalen Herausforderungen ebenso begegnen, wie sie Wissen vermitteln und Aufklärung leisten.

Ein gekürzter Vorabdruck der Einleitung zum Themenheft der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ zur deutschen Besatzungsherrschaft im Vernichtungskrieg 1939–1945, das Mitte September erscheint, ist im Tagesspiegel erschienen:

Dokumentationszentrum zum Vernichtungskrieg
An die deutsche Besatzungsherrschaft erinnern – mit europäischer Mission
Über die Denkmäler hinaus: Berlin braucht ein Dokumentationszentrum, das an die deutsche Besatzung und deren Folgen in ganz Europa erinnert.
Ein Plädoyer von Wolfgang Benz, in: Der Tagesspiegel, 2. September 2020